KZ-Friedhof/Gedenkstätte in Surtal, Gemeinde Surberg bei Traunstein

25. Juni 2023

Am 3. Mai 1945, kurz vor Kriegsende, wurden 66 KZ-Häftlinge eines „Todesmarsches“ aus Lagern in Niederbayern von begleitenden SS-Männern im Gemeindebereich Surberg erschossen. Diese Opfer des Naziterrors liegen auf dem Friedhof in Surtal, Gemeinde Surberg, begraben.

Die meist jüdischen Häftlinge hatten einen langen Leidensweg hinter sich. Viele von ihnen wurden Anfang 1945 aus Lagern im Osten angesichts der vorrückenden sowjetischen Armee in das Konzentrationslager Buchenwald verfrachtet, dann weiter nach Süden ins nordbayerische Konzentrationslager Flossenbürg. Von hier aus wurden im April 1945 die meisten Häftlinge aus diesem Lager, teilweise zu Fuß, auf Todesmärsche Richtung Süden geschickt. Ein Teil von ihnen transportierten die NS-Machthaber noch im April in die KZ-Außenlager Plattling und Ganacker in Niederbayern zur Zwangsarbeit für die Rüstung.

Mit Näherrücken der Front wurden auch diese Lager evakuiert und etwa 500 Häftlinge beider Lager am 24. und 25. April zu Fuß nach Südosten Richtung Salzburg getrieben.

Überlebende beschreiben diesen Marsch als Hölle: Meist gab es nur wenig Brot und Wasser als Verpflegung, was bei manchen Häftlingen, die durch die vorherige Zwangsarbeit schon völlig entkräftet waren, dazu führte, dass sie das Tempo nicht mehr mithalten konnten, zusammensackten und von SS-Männern erschossen oder erschlagen wurden. Deshalb säumten immer wieder Tote den Weg.

In Kolonnen von jeweils etwa 100 Häftlingen, begleitet von SS-Wachmannschaften, passierten sie Orte wie Landau, Eggenfelden und Neuötting; eine große Gruppe marschierte dann Richtung Osten und konnte schließlich bei Laufen an der Salzach von amerikanischen Soldaten befreit werden.

Ein anderer Teil dieses „Todesmarsches“ ging von Altötting südwärts nach Trostberg und erreichte am Abend des 2. Mai die Stadt Traunstein, wo die etwa 70 Häftlinge im leeren Schweinestall des Bürgerbräukellers am Stadtrand übernachteten. Mindestens ein Häftling, Kurt Messerschmitt, konnte in dieser Nacht fliehen und sich bis zur Befreiung verstecken.

Am frühen Morgen des 3. Mai, bei großer Kälte und Schnee, wurden die Männer entlang der Bahnlinie nach Osten kurz von dem Ort Lauter an einen Waldrand getrieben. Mit dem Gesicht zum Wald mussten sie sich in einer Reihe aufstellen und wurden von den SS-Männern erschossen, die daraufhin flüchteten. Den Hergang bezeugte der einzige Überlebende dieses Massakers, der polnische Häftling Leo Neumann, der schwer verletzt von Kindern eines benachbarten Bauernhofs gefunden wurde.

Am nächsten Tag wurde auch die heutige Gemeinde Surberg von amerikanischen Soldaten befreit.

Anfang November mussten auf Anordnung der US-Militärverwaltung ortsbekannte Nazis die im Mai 1945 nur notdürftig bestatteten Häftlinge ausgraben. Am 9. November 1945 wurden die Särge der 62 Erschossenen zusammen mit 4 weiteren in der Umgebung ermordeten Häftlingen in einer großen Trauerfeier auf einer kleinen Anhöhe in Kreisform bestattet. Nur von 29 Begrabenen konnen Namen ermittelt werden, von 13 sind nur Nummern bekannt.

Der Friedhof, anfangs nur mit einem Holzzaun abgegrenzt, erhielt 1947 einen großen Gedenkstein mit der Inschrift „Unsterbliche Opfer ihr sanket dahin“. 1952 wurden die Umfassungsmauer sowie in Anlehnung an traditionelle (Kriegs)gräberstätten das Holzkreuz auf dem Gedenkstein und die – bis heute umstrittenen – hölzernen Tatzenkreuze als Gräbersymbolik angebracht.

Um auf die überwiegend jüdischen Opfer hinzuweisen, erhielten zwei Seiten des Gedenksteins später Davidkreuze. Zum 50. Jahrestag des Massakers wurde 1995 von einer Initiative der von dem Siegsdorfer Kunstschlosser Karl Göstl geschaffene Chanukka-Leuchter aufgestellt, der – so das ursprüngliche Ziel der Initiative – eigentlich in vergrößerter Form das Holzkreuz ersetzen sollte.

Von den ersten Nachkriegsjahren abgesehen geriet der KZ-Friedhof und mit ihm das Massaker von 1945 für lange Zeit in Vergessenheit. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu den SS-Tätern erbrachten keine Ergebnisse.

Erst zum 40. Jahrestag des Geschehens fand 1985 auf Anregung der Traunsteiner VVN-BdA eine große Gedenkfeier statt, zu der auch Kurt Messerschmitt aus den USA eingeladen wurde und eine Ansprache hielt. Seitdem organisiert der Traunsteiner Kreisverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen jedes Jahr Anfang Mai eine vielbeachtete Gedenkfeier (siehe dazu Artikel auf dieser website).

Der KZ-Friedhof Surtal steht unter der Obhut der „Stiftung Bayerische Gedenkstätten“ und wird von der Gemeinde Surberg gepflegt.

Zur Geschichte der Gedenkstätte Surberg und zu den Ansprachen auf den Gedenkfeiern siehe: Gedenkfeiern gegen das Vergessen. Der KZ-Friedhof in Surberg, Waging, Liliom-Verlag 2015

(Friedbert Mühldorfer, VVN-BdA Traunstein/Berchtesgadener Land)