Abschied vom KZ-Überlebenden Marko Feingold aus Salzburg

18. Oktober 2019

Es schien immer eine Art Wunder, wenn ein hundertjähriger kleiner Mann flink die Stufen zur oberbayerischen Gedenkstätte Surberg bei Traunstein hochging und dann in seinem Grußwort an die Versammelten noch um Entschuldigung bat, dass er es nicht früher geschafft hatte. Mit dem Auto von der Gedenkfeier im österreichischen Mauthausen nun hierher nach Surberg.

Kurz und bündig las er in seinem Grußwort dann oft Politikern die Leviten, wenn sie wieder einmal rechte Sprüche klopften oder die Nazivergangenheit endgültig ruhen lassen wollten – und nicht selten würzte er diese Ansprachen auch mit seinen humorvollen Bemerkungen.

So kannten Teilnehmer der Gedenkfeiern in Surberg diesen Marko Feingold, der nun mit 106 Jahren am 19. September in Salzburg verstorben ist. Seit Jahrzehnten war es ihm und seiner Frau Hanna ein Anliegen, dieses Gedenken im Nachbarland zu unterstützen. So verliert auch die Traunsteiner VVN-BdA einen wichtigen Begleiter ihrer Arbeit. Trauerbekundungen weit über Österreich hinaus zeigen die große Bedeutung, die Marko Feingold als einer der ältesten und aktivsten Zeitzeugen des Naziterrors besaß. Bis zum letzten Jahr war er unermüdlich vor Schülern und Studenten tätig – von Salzburg bis Wien, München oder Auschwitz. Nicht allein, um von seiner Leidenszeit zu erzählen, sondern vor allem, um auf die heutige Verantwortung für Menschenrechte und weltweiten Frieden hinzuweisen.

Foto: Friedbert Mühldorfer

Foto: Friedbert Mühldorfer

Seine Lebensgeschichte erzählte er auch 2013 in Surberg. Hundert Jahre vorher, 1913, wurde er in Banská Bystrika in der heutigen Slowakei geboren, das damals zum Habsburgerreich gehörte. Er wuchs mit seinen Geschwistern in Wien auf, machte eine kaufmännische Ausbildung und folgte seinem Bruder als Handelsreisender nach Italien. Um den Pass verlängern zu lassen, kehrten sie Ende Februar 1938 nach Wien zurück, vertrödelten einige Zeit im Fasching, der andernorts meist Karneval heißt – und wurden vom Einmarsch der Deutschen am 13. März überrascht.

Den Pass bekamen sie verlängert, aber jetzt wurde ihnen als Juden von den neuen Machthabern sogleich das »J« in den Ausweis gestempelt. »Mit so einem verlängerten Pass hätte ich in Österreich nur bis zur Grenze fahren können. Aber in keinem Land wurden wir aufgenommen … Alle Grenzen haben schnellstens geschlossen … Und das war das Unglück für viele Millionen Menschen; aber das wollen die Länder ja heute nicht mehr wissen.«

Die beiden Brüder gelangten auf abenteuerliche Weise noch nach Polen und in die Tschechoslowakei, dort jedoch wurden sie von den deutschen Besatzern verhaftet und ins KZ Auschwitz deportiert. Marko Feingolds Bruder verblieb da und wurde später ermordet – wie alle seine Familienmitglieder. Marko selbst wurde zum Arbeitseinsatz zunächst ins KZ Neuengamme verfrachtet, dann ins KZ Dachau und ins KZ Buchenwald. Bei der Befreiung 1945 durch die amerikanische Armee war er bis auf die Knochen abgemagert, aber er hatte überlebt und landete schließlich in Salzburg, das ihm zur neuen Heimat wurde.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit begann dann auch sein großes gesellschaftliches Engagement. Er half entscheidend mit, dass Zehntausende von jüdischen Leidensgenossen über den Brenner geschleust werden konnten, nach Schließung dieser Grenze auch über eine abenteuerliche Route über die Tauern nach Italien, um ihnen von dort die Überfahrt nach Palästina zu ermöglichen. Seit einigen Jahren erinnert der »Alpine Peace Crossing«-Friedensmarsch über die Krimmler Tauern nach Südtirol an dieses Ereignis, aber auch an das Schicksal von Geflüchteten heute.

Auch Marko Feingold war wiederholt dabei und erzählte von der damaligen »Fluchthilfe« für die Überlebenden des Holocaust.

Gleich in der Nachkriegszeit wurde Feingold für einige Jahre Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, ein Amt, das er auch nach seinem beruflichen Ausscheiden als Inhaber eines Modegeschäftes von 1977 bis zu seinem Tod wieder ausübte. Und dann wurde er als vielfach geehrter Zeitzeuge der unermüdliche Mahner für Generationen junger Menschen – und für die Gesellschaft, der er nicht nachsah, wenn sie Rassismus und Antisemitismus verharmloste oder Minderheiten ausgrenzte. Denn, so sagte Marko Feingold zum Schluss seiner damaligen Rede beim Gedenken am KZ-Friedhof in Surberg an die dort von der SS erschossenen über 60 auf einen »Todesmarsch« getriebenen KZ-Häftlinge, »diese Losung ›Niemals vergessen‹ muss ewig aufrechterhalten werden, solange es die Menschheit gibt.«

Friedbert Mühldorfer

Zum Weiterlesen:

Marko Feingold: Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh. Eine Überlebensgeschichte, Otto Müller Verlag Salzburg-Wien, 2012. Die Rede Marko Feingolds in Surberg ist nachzulesen in: Gedenkfeiern gegen das Vergessen. Der KZ-Friedhof in Surberg, herausgegeben von Friedbert Mühldorfer, Liliom Verlag Waging am See, 2015.

Filmveranstaltung: Elser – er hätte die Welt verändert

13. Oktober 2019

Aus Anlass des bevorstehenden 80. Jahrestages des Attentats von Georg Elser auf Hitler haben verschiedene Organisationen die Vorführung des spannenden Spielfilm „Elser – er hätte die Welt verändert“ initiiert.

Der Film wird am Sonntag, 3. November 2019 in einer Matinee um 11 Uhr im Park-Kino in Freilassing gezeigt.

Weitere Informationen siehe Flugblatt Elser-Film R’hall 3.11.2019

Mahnwache in Traunstein zum Gedenken an den antisemitischen Terroranschlag in Halle

10. Oktober 2019

Die Traunsteiner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen – hält zum Gedenken an die Opfer des rechtsextremistischen Terroranschlags und an das beabsichtigte Massaker an jüdischen Gläubigen in der Synagoge von Halle eine Mahnwache ab und ruft zur Teilnahme auf.

Der beabsichtigte Anschlag auf die Synagoge – am höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur – zeigt überdeutlich, wozu Antisemitismus und Rassismus führen können. Das Geschehen in Halle geht uns alle an und fordert uns alle auf, jeder Ausgrenzung von Menschen anderen Glaubens, Herkunft oder Hautfarbe auch im Alltag entschieden entgegen zu treten. Gleichzeitig müssen auch Politik und Behörden endlich wirklich konsequent gegen jede Form von Antisemitismus, Rassismus und rechtsradikalem Denken vorgehen.

Zeit: Samstag, 12.10., 12 Uhr

Ort: Gedenkstein für die Opfer der NS-Diktatur im Stadtpark Traunstein, Bahnhofstraße

Gedenktafel für Engelbert Steiner am Bahnhof Übersee

20. August 2019

Am 25. Juli 2019 wurde am Eingang zum Bahnhof Übersee/Chiemsee – seinem früheren Arbeitsplatz – eine neue Gedenktafel für den Schrankenwärter Engelbert Steiner enthüllt. Sie erinnert daran, dass Steiner aufgrund einer Denunziation verhaftet, vom Volksgericht zum Tode verurteilt und am 8. September 1943 hingerichtet wurde.

Weitere Informationen siehe Engelbert Steiner

 

Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Für Frieden und Abrüstung!

20. August 2019

Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag: 1. September 2019

„NIE WIEDER KRIEG! NIE WIEDER FASCHISMUS!“ Das ist die Antwort der Gewerkschaften auf das unermessliche Leid, das Nazi-Deutschland über die Welt gebracht hat als es am 1. September 1939 Polen überfiel und damit die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs aus- löste. Achtzig Jahre nach Beginn des grauenhaften Vernichtungskriegs der Nazis haben wir allen Anlass, am Antikriegstag daran zu erinnern, wohin das Wiedererstarken von blindwütigem Nationalismus und Militarismus, von Menschenfeindlichkeit und Rassismus führen kann.

Weiterlesen siehe Erklärung-des-Deutschen-Gewerkschaftsbundes-zum-Antikriegstag

Gedenkfeier Surberg 5. Mai 2019

2. April 2019

Detail des Gedenksteins

Die Gedenkfeier zur Erinnerung an das Massaker an über 60 KZ-Häfltingen eines Todesmarsches findet dieses Jahr am Sonntag, den        5. Mai 2019, 13.00 Uhr, in der Gedenkstätte in Surtal statt.

 

Ansprache: Heinz Biack
Sein Vater, der Salzburger Jurist Dr. Karl Biack, wurde 1943 nach Traunstein an das damalige Wirtschaftsamt in der Güterhallenstraße versetzt, dort im März 1944 verhaftet und mit zehn anderen Personen eines katholischen Freundeskreises u.a. wegen Abhörens von „Feinsendern“ angeklagt. Karl Biack wurde zum Tode verurteilt und im November 1944 in München-Stadelheim hingerichtet.

Grußwort: Josef Wimmer, Bürgermeister der Gemeinde Surberg
Weitere Informationen siehe –> Flugblatt Surberg 2019

Ausstellung Verfolgung und Widerstand in der NS-Zeit im Landkreis Traunstein

12. November 2018

Nun ist die in den 1990er Jahren mit viel ehrenamtlichem Engagement und professioneller Unterstützung erstellte Ausstellung des Kreisjugendringes Traunstein auch wieder im nördlichen Landkreis zu sehen: Vom 9. bis zum 21. November informieren über 30 große Schautafeln über die Zeit des Nationalsozialismus, der auch vor unserem Landkreis nicht Halt machte.

Gleich zu Beginn der Naziherrschaft wurden Frauen und Männer vor allem aus der Arbeiterbewegung als Nazigegner verfolgt und oftmals mehrere Jahre eingesperrt. Anhand vieler Einzelbeispiele wird das Ausmaß der Verfolgung, welche mit den Jahren immer mehr ausgeweitet wurde, deutlich. In der „Arbeiterstadt“ Trostberg waren zunächst vor allem Sozialdemokraten und Kommunisten betroffen; die Ausgrenzung und Verfolgung erstreckte sich dann auch auf Angehörige bürgerlicher Parteien, auf jüdische Bürger, auf Zeugen Jehovas und andere.

Die Ausstellung vermittelt überdies, dass es aus allen Teilen der Gesellschaft auch Widerstand gab. Auf verschiedenen Tafeln werden solche Beispiele aus Gemeinden und Städten anschaulich gemacht; dies ist nur möglich, weil bei der Erstellung der Ausstellung damals noch viele „Spuren“ vor Ort gesichert und Gespräche mit Zeitzeugen durchgeführt werden konnten.

Besonders zu empfehlen ist die Ausstellung auch für Schulklassen. Es sind kostenfreie Führungen möglich, die aber rechtzeitig angemeldet werden sollten (Anmeldung bei F. Mühldorfer, 0176-45504145 bzw. f.muehldorfer@muenchen-mail.de). Ein Besuch kann auch ein Beitrag sein zur Aufklärungs- und Bildungsarbeit, um den leider auch in unserem Landkreis verstärkt auftretenden rechtsextremen Provokationen entgegenzutreten. Letztes Jahr konnten mit dieser Ausstellung in Traunstein über 400 Schülerinnen und Schüler aus 18 Klassen erreicht werden.

Die Eröffnung findet am Donnerstag, 8.11., um 19 Uhr statt. Bürgermeister Karl Schleid übermittelt für die Stadt Trostberg ein Grußwort; daneben gibt es eine Einführung in die Thematik der Ausstellung. Der Abend wird musikalisch umrahmt.

Als Begleitprogramm werden folgende Veranstaltungen angeboten:

Dienstag,13.11., 18.30 Uhr, Vortrag von Susanne Weisse: Ein vergessener Teil der Geschichte: Das KZ-Außenlager Trostberg 1944/45

Sonntag 18.11., 14.30, Treffpunkt Stadtmuseum: Stadtrundgang „Trostberg in der Zeit des Nationalsozialismus“ mit Walter Heinze und Friedbert Mühldorfer

Dienstag, 20.11.2018, 19.00 Uhr, Vortrag der Soziologin Marina Mayer: Wie verbreitet ist „rechtes“ Denken? Untersuchungen zu Einstellungen in der „Mitte“ der Gesellschaft.

Alle Veranstaltungen finden im Atrium des Stadtmuseums Trostberg, Schedling 7, statt. Sie sind ebenso kostenfrei wie der Besuch der Ausstellung (Mo – Fr 9-19 Uhr, Sa/So 18-18 Uhr).

Veranstalter ist das Netzwerk Bunt statt Braun im Landkreis Traunstein, in dem sich Organisationen und Einzelpersonen des gesamten gesellschaftlichen Spektrums, dem kirchlichen, gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich, zusammengeschlossen haben. (Ansprechpartner Bernd Rohrbach, Dekanatsjugendstelle Traunstein, Tel. 0179-1205748).Austellung_poster_final 2018

Zum Tod von Martin Löwenberg – ein Nachruf von Friedbert Mühldorfer

6. April 2018

Nachruf Martin Löwenberg

Ostermarsch 2018 Traunstein

20. März 2018

Am Karsamstag, den 31.März 2018, findet der diesjährigen Ostermarsch in Traunstein statt.

Film-Matinee „Klänge des Verschweigens“

7. November 2017

Anlässlich der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 zeigen wir am
Sonntag, 12. November 2017 um 11 Uhr im Stadtkino Trostberg
den detektivischen Musikfilm von Klaus Stanjek (D 2013) mit den Stimmen von Hannelore Hoger und Urlich Noethen. Klänge des Verschweigens Kinoflyer

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